Am 25. Mai 1964 wird am Grünen Weg der erste Bauabschnitt der Gropiusstadt eingeweiht | Gropiusstadt Die Gropiusstadt als Großsiedlung der sechziger und siebziger Jahre Die heutige Gropiusstadt erstreckt sich auf einer Fläche von 264 Hektar und reicht im Nordosten von Buckow bis in die benachbarten Ortsteile Britz und Rudow hinein. Das Wohngebiet entstand als Großsiedlung Berlin-Buckow-Rudow (BBR) nur wenig früher als das Märkische Viertel im Norden der Stadt. Der Bau der wesentlich größeren Standorte des komplexen Wohnungsbaus im östlichen Berlin wurden hingegen erst in den siebziger und achtziger Jahren begonnen. |
Anlass für das Entstehen der BBR war die geplante Entkernung der dichtbebauten Gründerzeitviertel von Neukölln. Die früheren Bewohner der Hinterhöfe sollten in dem schornsteinlosen Stadtteil ein neues Heim finden. Das zeitgemäße Motto lautete "Licht, Luft und Sonne!" Das Areal der heutigen Gropiusstadt weckte schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg das Interesse verschiedener Bauträger. Im Westteil Berlins schien diese Ackerfläche wie kaum eine andere Fläche für eine großräumige Wohnbebauung geeignet. Der damalige Senator für Bau und Wohnungswesen wehrte daher in den fünfziger Jahren alle Begehrlichkeiten von Investoren ab, um hier Raum für die staatliche Wohnungsbaupolitik zu erhalten. | Blick von der Johannisthaler Chaussee auf die entstehende Gropiusstadt (1964) |
Das nach Walter Gropius benannte halbrunde Hochhaus | Als entscheidende Strukturelemente wurde frühzeitig die U-Bahn-Trasse mit dem darüber angelegten Grünzug festgesetzt. Im Mai 1958 gab der zuständige Senator grünes Licht für die Gesamtplanung der BBR. Kurz darauf begann die GEHAG mit den ersten Grundstückskäufen der vornehmlich landwirtschaftlich genutzten Flächen. Am 7. November 1962 erfolgte im Beisein von Walter Gropius und dem Regierenden Bürgermeister Willy Brandt in Buckow die Grundsteinlegung für den ersten Bauabschnitt der Siedlung. Die ursprünglichen Vorstellungen sahen 14.500 Wohnungen vor. |
Die städtebauliche Konzeption von Walter Gropius Seit September 1972 trägt die Großsiedlung BBR den Namen Gropiusstadt. Der bekannte Bauhausgründer Walter Gropius wirkte mit dem Büro "The Achitects Collaborative" (TAC) konzeptionell federführend bei deren Planung mit. Sein Ziel war, die "mannigfaltigen Elemente des herkömmlichen Stadtlebens" mit den damals modernen Methoden des Städtebaus zu verbinden. Gropius sah als Elemente der recht einheitlich gestalteten Großsiedlung kleinere, überschaubare Wohnviertel mit eigenen Geschäftszentren vor. Seiner Idee war die Einbettung von Elnfamilienhaussiedlum gen, zum Beispiel die Hirtsiferzeile, am Gaudigweg oder am Lenzelpfad, zu danken. Gropiuus hatte für die BBR eine Zonierung hinsichtlich der Wohnungsgröße angestrebt. Die kleinen Wohnungen sollten an der Peripherie entstehen, während die größeren Wohnungen zur Mitte hin orientiert werden sollten. Denn dort, im Umfeld des Wäldchens, gab es die besten Spielangebote für Kinder. In der Praxis entstanden die größeren Wohnungen allerdings schwerpunktmäßig am Rande der Großsiedlung. Das städtebauliche Konzept von Walter Gropius sah - in Anlehnung an die nahe Hufeisensiedlung - kreisrunde Baukörper mit maximal fünf Etagen vor. Durch die Insellage änderten sich ab 1961 die Entwicklungsbedingungen West Berlins grundlegend. Der Mangel an Bauland zwang dazu, viele Projekte neu zu überdenken. | |
Wachsender Wohnungsbedarf führt zu einer starken Verdichtung Als Folge des Mauerbaus drängte die Politik spätestens ab 1964 auf eine deutliche Verdichtung der BBR. Es wurden wesentlich mehr Wohnungen und Wohnfolgeeinrichtungen errichtet, als es die ursprünglichen Planungen vorsahen. Zugleich forderte die zunehmende Motorisierung ihren Tribut in Gestalt eines erheblichen Mehrbedarfs an Stellplätzen. Zwangsläufig, wenn auch mit einer Zeitverschiebung, entschied man sich für den Bau von Parkhäusern. Die erhöhte Baudichte führte rein quantitativ zu einer Einschränkung der Freiffächen, die noch durch eine Beschneidung der Finanzmittel für die Gestaltung des Grüns zugespitzt wurde. | Das Gemeinschaftshaus am Bat-Yam-Platz |
Die Katholische Kirche neben dem Eingang zum U-Bahnhof Lipschitzallee | Bis Ende der siebziger Jahre entstanden in der Gropiusstadt rund 19.000 Miet- und Eigentumswohnungen. Die Trabantenstadt wurde zur Heimat von rund 50.000 Menschen. Anzumerken wäre, dass die Verdichtung damals von den Soziologen und Planern als Ausdruck an Urbanität durchaus begrüßt wurde. Bei der Grundsteinlegung für das Gropiushaus im September 1972 erklärte Ise Gropius, die Witwe des 1969 verstorbenen Architekten: "Als die Idee der Gropiusstadt zuallererst in der Öffentlichkeit diskutiert wurde, erhoben sich damals sofort warnende Stimmen, die vorraussagten, dass eine solche, auf dem Papier konzipierte Stadt, sich niemals mit einer sogenannten 'gewachsenen' Stadt werde vergleichen können ... Gewiss, es werden Fehler gemacht und nicht alle Hoffnungen erfüllen sich, aber Walter Gropius glaubte immer, dass nur am lebendigen Beispiel gelernt werden könne und nicht an theoretischen Erörterungen, die später nur die Aktenschränke bereichern." |
Wohnumfeldverbesserung führt zur Aufwertung der Gropiusstadt Ab den siebziger Jahren betrachtete die Öffentlichkeit die Großsiedlungen zunehmend kritischer. Dabei stand die Gropiusstadt in der Aufmerksamkeit zumeist im Schatten des Märkischen Viertels. Hier im Süden gab es mehr Grün und die Häuser waren im Schnitt etwas niedriger. Dennoch verstärkten sich auch in der Gropiusstadt die Probleme. Obwohl die Zufriedenheit der Bewohner recht groß blieb, beklagten einige den Verlust des (inner-)städtischen Umfelds, vermissten ihr Kiezgefühl. Man erinnerte sich wieder daran, welche Bedeutung Gropius sowie der vom Bezirksamt Neukölln beauftragte Freiflächenplaner Prof. W. Rossow seinerzeit dem öffentlichen Grün einräumten. lm Februar 1986 initiiere der ehemalige Baustadtrat Wolfgang Branoner einen Beirat für die Wohnumfeldverbesserung der Gropiusstadt. Im selben Jahr begann die öffentliche Hand auf Grundlage eines Gesamtkonzeptes des Büros Flechner am Bat-Yam-Platz mit massiven Investitionen den Freiraum mit der Aufwertung der Siedlung. Die Gelder flossen im "alten West-Berlin" recht üppig. Hochwertiger Naturstein für die Wege oder die aufwendige statische Konstruktion des Springbrunnens direkt auf dem U-Bahnhof Lipschitzallee konnten finanziert werden. Mit dem Fall der Mauer änderten sich die Rahmenbedingungen außerordentlich. Die Großsiedlungen im Osten Berlins zeichneten sich zwar durch eine ausgeglichene Sozialstruktur, nicht aber durch ein attraktives Wohnumfeld aus. Im Bewußtsein, dass in dieser Hinsicht der Nachholbedarf in Marzahn oder Hellersdorf ungleich höher ist, wurden die öffentlichen Investitionen für die Aufwertung der Freiräume der Gropiusstadt 1992 (vorerst) abgeschlossen. Der Arbeitskreis für die Gropiusstadt vereint Vertreter des Bezirksamtes, Mieter wie Vermieter sowie Planer und besteht auch in der Gegenwart fort. Besonders am Herzen liegt den Mitgliedern die Überarbeitung des Wegekonzeptes für die Gropiusstadt, darunter die Fertigstellung des Leitweges Britz-Buckow-Rudow. Immer wieder fanden in dem Stadtteil Mieterbefragungen statt. So sollen kurzfristig Probleme und Anregungen der Bewohner gehört und berücksichtigt werden. Ohnehin sorgen die Wohnungsbaugesellschaften mit Vor-Ort-Büros für kurze Wege ihrer Mieter. Die Aufhebung der Fehlbelegungsabgabe für geförderte Wohnungen im Jahr 2001 wird die Attraktivität der Gropiusstadt für sozial stärkere Mieter erhöhen. Darüber hinaus wurden und werden zahlreiche Projekte für Kinder und Jugendliche veranstaltet. Bis 2004 fördern die DEGEWO und die GEHAG den Verein Tasmania Gropiusstadt mit rund einer Million Mark jährlich. Dessen 21 Jugendmannschaften zählen allein etwa eintausend Mitglieder. Ihr Motto lautet schlicht: "Gropiusstadt ist top". Weiter sind Ausstellungen, das Drachenfest oder die Gestaltung von Spiellandschaften unter Anleitung von zwei Künstlern durch Kinder des Quartiers erwähnenswert. | |
Die Gropius Passagen Die Anziehungskraft des Einkaufszentrums "Gropius Passagen" am U-Bahnhof Johannisthaler Chaussee reicht weit über die Grenzen des Bezirks hinaus. Der Grünzug führt jeweils auf das Einkaufszentrum zu. Ungeachtet seines großen Stellplatzangebots ist das Einkaufscenter auf eben diesem Grünzug günstig zu Fuß zu erreichen. Ohnehin war gerade der Standort dem Investor der Gropius Passagen vorgegeben. An eben dieser Stelle entstand zwischen 1964 und 1973 das Ladenzentrum Johannistaler Chaussee. Der Architekt Manfred Pechtold übernahm diese Struktur in sein neues Konzept. Die Lebhaftigkeit in den kleinen Passagen zeugt heute von der Beliebtheit der Gropius Passagen. | Als größtes Berliner Einkaufszentrum entstanden ab 1994 die Gropius Passagen |
Die bei schönem Wetter aufschiebbaren Dächer über den Gängen und dem Atrium bringen auf direktem Wege frische Luft und natürliches Licht. Die Anwohner vermerken erfreut, dass Ihnen seit Jahrzehnten vertraute Gewerbebetriebe wie die Parfümerie M. Krüger oder die Gaststätte Wernicke weiterhin an gewohntem Ort ihre Kunden begrüßen. Das Center verfügt seit der Eröffnung 1997 über 160 Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von 62.000 Quadratmetern. Neben den Läden gibt es hier ein Multiplexkino, eine Diskothek und zahlreiche gastromische Einrichtungen. Als siebter Bauabschnitt entsteht bis Frühjahr 2002 das Kaufhaus Galeria Kaufhof. Die Gropius Passagen sind dabei mehr als ein Einkaufszentrum. Für die Gropiusstadt stellen sie auch Treffpunkt sowie Freizeiteinrichtung dar und bilden für viele ihrer Bewohner die "Stadtmitte". (Seite 26, 27) |