Bezirksamt erklärt Faktenlage im Fall der Rechtsreferendarin Betül Ulusoy
Angesichts der umfangreichen Presseberichterstattung mit zum Teil unklaren Darstellungen der Faktenlage nimmt das Bezirksamt Neukölln wie folgt Stellung:
- Frau Ulusoy hat sich nach ihrer telefonischen Bewerbung für eine Ausbildungsstation am 3. Juni 2015 im Rechtsamt Neukölln persönlich vorgestellt. Obwohl eine kurzfristige Prüfung ihrer Anfrage zugesagt wurde, hat Frau Ulusoy durch die Presse die unwahre Behauptung verbreiten lassen, dass ihr das Bezirksamt eine Absage erteilt hätte. Noch am Morgen des 4. Juni 2015 fragte sie per E-Mail nach dem Prüfergebnis im Bezirksamt, da sie sich „sehr bald um eine andere Stelle bemühen müsste, wenn das Bezirksamt schlechte Nachrichten für sie hätte“. Obwohl sie nachweislich wusste, dass die Prüfung ihrer Einsatzmöglichkeiten im Rechtsamt noch nicht abgeschlossen ist, hat sie weiterhin die falsche Behauptung einer Absage durch das Bezirksamt Neukölln in den Medien unwidersprochen gelassen.
- Nach der Beschlussfassung im Bezirksamt am 9. Juni 2015, dass Frau Ulusoy die Ausbildungsstation im Bezirksamt antreten darf, jedoch aufgrund des Kopftuchtragens von der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben mit sichtbarer Außenwirkung ausgeschlossen wird, hat das Bezirksamt Frau Ulusoy umgehend noch am selben Tag über die Entscheidung informiert und sie gebeten, einen kurzfristigen Termin im Rechtsamt zu vereinbaren, um die ausgefüllte Einverständniserklärung des Bezirksamtes für das Absolvieren der Verwaltungsstation abzuholen und beim Kammergericht einzureichen.
- In den folgenden Tagen erfolgte keinerlei weder telefonische, noch schriftliche Rückmeldung von Frau Ulusoy. Auch auf mehrfache Versuche des Bezirksamtes, Frau Ulusoy telefonisch zu kontaktieren, erfolgte keine Reaktion. Das Bezirksamt hat deshalb am 12. Juni 2015 Frau Ulusoy nochmals per E-Mail angeschrieben und ihr eine Frist bis Dienstschluss desselben Tages 17.00 Uhr gesetzt, bis zu der eine Rückmeldung erwartet würde, da der Ausbildungsplatz ansonsten einem anderen Interessenten angeboten würde. Frau Ulusoy ließ diese Frist ohne Antwort verstreichen.
- Inzwischen hat das Bezirksamt Kenntnis davon erlangt, dass Frau Ulusoy bereits am 10. Juni 2015 bei der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales telefonisch ihr Interesse bekundet habe, dass sie ihre Verwaltungsstation dort absolvieren möchte. Sie hatte dort bereits mitgeteilt, dass sie ihre Verwaltungsstation nicht beim Bezirksamt Neukölln ableisten wolle.
- In der Berliner Zeitung vom 11. Juni 2015 wird Frau Ulusoy mit folgender Aussage zur Frage, ob sie nun in Neukölln antritt, zitiert: „Ich muss erst mal herausfinden, ob es Vorbehalte gibt.“ Sie gab damit vor, noch keine Entscheidung getroffen zu haben, obwohl sie einen Tag zuvor bereits der Senatsverwaltung ihre Entscheidung dazu mitgeteilt hatte.
Bezirksbürgermeisterin Dr. Franziska Giffey bewertet diese Vorkommnisse wie folgt: „Insgesamt handelt es sich um ein völlig inakzeptables Verhalten für eine Juristin, die sich bereits im juristischen Vorbereitungsdienst des Landes Berlin befindet.
Frau Ulusoy hat als Landesbedienstete und Juristin unter Vortäuschung falscher Tatsachen eine Debatte losgetreten, die jeglicher Grundlage entbehrt und das Bezirksamt Neukölln öffentlich in Verruf bringt. Ihr Vorgehen hat dem öffentlichen Ansehen des Bezirksamtes Neukölln geschadet. Wer sich so verhält, setzt seine Glaubwürdigkeit und Integrität als Juristin aufs Spiel.
Das Bezirksamt hat geltendes Recht angewandt und ist der bereits seit Jahren praktizierten Linie des Kammergerichts gefolgt, indem es Frau Ulusoy die Möglichkeit gegeben hat, ihre Ausbildungsstation im Rechtsamt Neukölln zu absolvieren, ohne dabei hoheitliche Aufgaben auszuüben. Dass Frau Ulusoy sich danach einfach über Tage nicht mehr meldet und nebenbei bereits andere Verabredungen für ihren Ausbildungseinsatz trifft, ist nicht nachzuvollziehen und lässt die Frage aufkommen, ob sie wirklich ernsthaft an der Referendarausbildung im Rechtsamt Neukölln interessiert war.
Das Bezirksamt wird, wie in der Vergangenheit so auch in Zukunft, ähnliche Fälle nach Abwägung und Bewertung des Einzelfalls unter Anwendung des in Berlin geltenden Neutralitätsgesetzes entscheiden. Dabei geht es darum, dass hoheitliche Aufgaben auch weiterhin ohne das Tragen religiöser Symbole wahrgenommen werden müssen. Immer da, wo der Staat in einem Überordnungsverhältnis zum Bürger steht und sich der Bürger dem auch nicht entziehen kann, sind religiöse Symbole fehl am Platze.“
BA Neukölln, 15.6.2015