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Tierseuchenrechtliche Allgemeinverfügung des BA Neukölln zum Schutz gegen die Geflügelpest

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Aufgrund

- des § 37 Satz 1 Nr. 1 bis 3 sowie 6 und 7 des Tiergesundheitsgesetzes vom 22. Mai 2013 (BGBl. I S. 1324), zuletzt geändert durch Artikel 4 Abs. 85 des Gesetzes vom 18. Juli 2016 (BGBl. I S. 1666), (TierGesG),

- des §18, 21 Abs. 2 und § 55 bis 56 der Geflügelpest-Verordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Mai 2013 (BGBl. I S. 1212), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom. 29. Juni 2016 (BGBl. I S. 1564), (GeflPestSchV),

- des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 der Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686) in der jeweils geltenden Fassung

wird bekannt gemacht, dass der Ausbruch der Geflügelpest im Bezirk Tempelhof-Schöneberg, am 7.12.2016 bei einem wildlebenden Vogel (Möwe) (Fundort: Ringstr. 86, 12105 Berlin) amtlich festgestellt wurde.

I. Restriktionsgebiete

Es wird angeordnet:
1. Es wird ein weiterer Sperrbezirk gebildet, der im Süden von der Bezirksgrenze zum Bezirk Tempelhof-Schöneberg, der Marienfelder Chaussee, der Straße Alt-Buckow, im Nord-Westen vom Buckower Damm und der Trasse der Neukölln-Mittenwalder Eisenbahn bis zur Bezirksgrenze zum Bezirk Tempelhof-Schöneberg und im Westen durch die Bezirksgrenze zum Bezirk Tempelhof-Schöneberg begrenzt wird

2. Der Sperrbezirk auf dem Gebiet des Stadtbezirkes Neukölln nördlich des S-Bahnringes bleibt bestehen.

3. Das Beobachtungsgebiet, welches die gesamte übrige Bezirksfläche des Bezirkes Neukölln umfasst, bleibt ebenfalls bestehen.

II. Hinweise

Für den Sperrbezirk nach Ziffer I.1. und 2.:

1. Wer im Sperrbezirk Geflügel hält, hat das Geflügel in geschlossenen Ställen oder unter einer Schutzvorrichtung zu halten. Es wird hierzu auch auf die Allgemeinverfügungen des Bezirksamtes Neukölln vom 15.11.2016 und 18.11.2016 sowie der Änderung vom 18.11.2016 zur Aufstallungspflicht verwiesen.

2. Für die Dauer von 21 Tagen nach Festlegung des Sperrbezirks
a. ist das im Sperrbezirk zu Erwerbszwecken gehaltene Geflügel durch die Veterinär- und Lebensmittelaufsicht Neukölln
aa) regelmäßig klinisch und,
bb) soweit Belange der Tierseuchenbekämpfung dies erfordern, virologisch
zu untersuchen, was vom Tierhalter zu dulden ist,
b. dürfen gehaltene Vögel und Bruteier aus einem Bestand nicht verbracht werden,
c. dürfen
aa) frisches Fleisch,
bb) Hackfleisch oder Separatorenfleisch,
cc) Fleischerzeugnisse,
dd) Fleischzubereitungen,
das oder die von gehaltenen Vögeln oder von Federwild aus dem Sperrbezirk gewonnen worden ist oder sind, nicht verbracht werden,
d. dürfen tierische Nebenprodukte von gehaltenen Vögeln aus einem Bestand nicht verbracht werden,
e. hat der Tierhalter sicherzustellen, dass an den Ein- und Ausgängen der Ställe oder sonstigen Standorte, in denen Geflügel gehalten wird, Matten oder sonstige saugfähige Bodenauflagen ausgelegt werden und diese mit einem wirksamen Desinfektionsmittel getränkt und stets damit feucht gehalten werden,
f. dürfen gehaltene Vögel nicht zur Aufstockung des Wildvogelbestands freigelassen werden,
g. darf Federwild nur mit Genehmigung oder auf Anordnung der zuständigen Behörde gejagt werden,
h. darf Geflügel nur im Durchgangsverkehr auf Autobahnen, anderen Straßen des Fernverkehrs oder Schienenverbindungen befördert werden und nur, soweit das Fahrzeug nicht anhält und Geflügel nicht entladen wird.

3. Es ist sicherzustellen, dass im Sperrbezirk gehaltene Hunde und Katzen dort nicht frei umherlaufen.

4. Ein innerhalb eines Sperrbezirks gelegener Stall oder sonstiger Standort, in dem Vögel gehalten werden, darf von betriebsfremden Personen nicht betreten werden. Satz 1 gilt nicht für den Stall oder sonstigen Standort betreuenden Tierarzt, dessen jeweilige Hilfspersonen sowie die mit der Tierseuchenbekämpfung beauftragten Personen der Veterinärverwaltung. Die Veterinärverwaltung kann Ausnahmen genehmigen, soweit Belange der Tierseuchenbekämpfung nicht entgegenstehen.

5. Die Veterinär- und Lebensmittelaufsicht Neukölln bringt an den Hauptzufahrtswegen zu dem Sperrbezirk Schilder mit der deutlichen und haltbaren Aufschrift “Wildvogelgeflügelpest-Sperrbezirk” gut sichtbar an.

Nach Ablauf der 21 Tage gelten für den Sperrbezirk die Anforderungen an ein Beobachtungsgebiet nach Ziffer I.3. entsprechend.

Für das Beobachtungsgebiet nach Ziffer I.3.:

1. Wer im Beobachtungsgebiet Geflügel hält, hat das Geflügel in geschlossenen Ställen oder unter einer Schutzvorrichtung zu halten. Es wird hierzu auch auf die Allgemeinverfügung des Bezirksamtes Neukölln vom 15.11.2016 und der Änderung vom 18.11.2016 zur Aufstallungspflicht verwiesen.
.
2. Für die Dauer von
a. 15 Tagen nach Festlegung des Beobachtungsgebiets dürfen gehaltene Vögel aus dem Beobachtungsgebiet nicht verbracht werden,
b. 30 Tagen nach Festlegung des Beobachtungsgebiets
aa) dürfen gehaltene Vögel nicht zur Aufstockung des Wildvogelbestandes freigelassen werden,
bb) darf Federwild nur mit Genehmigung oder auf Anordnung der zuständigen Behörde gejagt werden.

3. Die Veterinär- und Lebensmittelaufsicht Neukölln bringt an den Hauptzufahrtswegen zu dem Beobachtungsgebiet Schilder mit der deutlichen und haltbaren Aufschrift “Wildvogelgeflügelpest-Beobachtungsgebiet” gut sichtbar an.

III. Diese Anordnung gilt gemäß § 18 der GeflPestSchV i. V. m. § 41 Absatz 4 Satz 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes in der jeweils geltenden Fassung an dem auf die öffentliche Bekanntmachung folgenden Tag als bekannt gegeben.

Gemäß § 41 Abs. 4 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes in Verbindung mit § 1 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes wird hiermit nur der verfügende Teil der Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gemacht.

IV. Die Begründung dieser Allgemeinverfügung kann von jedermann in Berlin, der als Betroffener im Sinne der Nrn. 1, 2 und 3 der Verfügung in Betracht kommt, während der Dienstzeiten in dem Dienstgebäude des Bezirksamtes Neukölln eingesehen werden.

V. Sofortiger Vollzug

Die sofortige Vollziehung der Anordnung wird gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der VwGO angeordnet, soweit die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Anfechtungsklage nicht bereits nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der VwGO in Verbindung mit § 37 Satz 1 Nr. 1 bis 3 sowie 6 und 7 entfällt.

Begründung zu V.

Aus § 37 Satz 1 des TierGesG ergibt sich, dass die Anfechtung einer Anordnung keine aufschiebende Wirkung hat, wenn die Anordnung der dort genannten Maßnahmen auf eine Rechtsverordnung nach § 6 Abs. 1 oder 2 oder § 26 Abs. 1 oder 2 Nr. 1 des TierGesG gestützt ist. Mit dieser Regelung bringt der Gesetzgeber seinen Willen zum Ausdruck, dass die Anfechtung bestimmter Maßnahmen auf dem Gebiet der Tierseuchenbekämpfung zu keiner aufschiebenden Wirkung führen darf. Der Grund liegt in der Eilbedürftigkeit dieser Maßnahmen im Sinne einer effektiven Tierseuchenbekämpfung.
Die Gefahrenlage für die Geflügelbestände durch den möglichen Ausbruch der Geflügelpest ist derzeit nicht abschätzbar, es ist aber von einem hohen Eintragsrisiko durch direkte und indirekte Kontakte zwischen Wildvögeln und Nutzgeflügel auszugehen. Es besteht daher ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Abwehr der mit der Seuche verbundenen Gefahren und der wirksamen Verhinderung der Ausbreitung der Geflügelpest im Stadtgebiet von Berlin und der Bundesrepublik Deutschland.

Die Verbreitung der Geflügelpest wäre mit erheblichen Folgen für die Geflügel haltenden Betriebe und die Fleischwirtschaft verbunden. Vor diesem Hintergrund müssen private sowie wirtschaftliche Interessen der einzelnen Geflügelhalter und somit auch das Interesse an der aufschiebenden Wirkung eines erhobenen Widerspruchs vor dem öffentlichen Interesse an einer wirksamen und unmittelbar greifenden Seuchenbekämpfung zurückstehen. Die gesunde Geflügelbestände sichernde Anordnung der sofortigen Vollziehung der Maßnahmen ist gerechtfertigt und zwingend notwendig, da ein mögliches Rechtsmittelverfahren einen zu langen Zeitrahmen in Anspruch nimmt. Die angeordneten Maßnahmen dienen dazu und sind geeignet, eine weitere Verbreitung der Geflügelpest zu verhindern. Nur durch eine sofortige Vollziehung der vorstehend verfügten Anordnungen kann erreicht werden, dass Infektionsketten unterbrochen werden und die Seuchenbekämpfung schnellstmöglich in die Wege geleitet wird. Ein milderes, aber gleich geeignetes Mittel, dieses Ziel zu erreichen, ist nicht ersichtlich.

Der durch die Vorschrift des § 80 Absatz 1 der VwGO gewährte Schutz vor Rechtsbeeinträchtigungen, die sich später als rechtswidrig herausstellen und dann überhaupt nicht mehr oder nur schwer rückgängig gemacht werden können, kann im vorliegenden Fall nicht zuerkannt werden.

Hinweise
Gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 4 TierGesG handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig den Vorschriften der Geflügelpest-Verordnung zuwiderhandelt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 30.000 Euro geahndet werden.

Die vorliegende tierseuchenrechtliche Anordnung bleibt so lange wirksam, bis sie gemäß § 44 der GeflPestSchV aufgehoben oder durch eine noch zu erlassende tierseuchenrechtliche Anordnung ersetzt wird.

Ausführliche Begründung
Durch virologische Untersuchung des Friedrich-Löffler-Instituts vom 08.11.2016 wurde bei am Plöner See aufgefunden Wildvögeln erstmalig hochpathogenes aviäres Influenza-A-Virus des Subtyps H5N8 nachgewiesen. Damit ist der Ausbruch der Geflügelpest bei einem Wildvogel erstmals amtlich festgestellt worden.

Durch virologische Untersuchung des Friedrich-Löffler-Instituts vom 18.11.2016 wurde bei einem in dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg aufgefunden Wildvogel (Schwan) ebenfalls hochpathogenes aviäres Influenza-A-Virus des Subtyps H5N8 nachgewiesen. Damit ist der Ausbruch der Geflügelpest bei einem Wildvogel in Berlin amtlich festgestellt.

Weitere Feststellungen erfolgten in anderen Bezirken, am 7.12.2016 auch bei einer Möwe im Bezirk Tempelhof-Schöneberg.

Bei der Geflügelpest handelt es sich um eine hoch ansteckende und anzeigepflichtige Viruserkrankung bei Geflügel und anderen Vogelarten, die schnell epidemische Ausmaße annimmt und damit hohe Tierverluste und große wirtschaftliche Schäden zur Folge hat. Bei ungünstigen Bedingungen ist auch die Gesundheit des Menschen gefährdet.

Ist die Geflügelpest bei einem Wildvogel amtlich festgestellt, so legt die zuständige Behörde gemäß § 55 Abs. 1 der Geflügelpest-Verordnung das Gebiet um den Fundort mit einem Radius vom mindestens drei Kilometern als Sperrbezirk sowie mindestens zehn Kilometern als Beobachtungsgebiet um den Fundort fest.

Die dazu durchgeführte Risikobewertung gem. § 55 Abs. 3 der Geflügelpest-Verordnung lässt kein anderes Ergebnis als die Festlegung der vorgenannten Restriktionszonen mit den jeweiligen Maßregelungen zu.

Aufgrund des in ganz Deutschland und darüber hinaus derzeit völlig unkontrolliert voranschreitenden Seuchengeschehens und der sich damit täglich verändernden Sachlage wird es im Sinne einer effektiven Seuchenbekämpfung für erforderlich gehalten, einzelne vorgenannte Maßregelungen und deren Dauer gestützt auf § 65 Geflügelpest-Verordnung weitergehend zu regeln, um insbesondere eine mögliche Einschleppung und/oder Weiterverschleppung der Erreger der Geflügelpest auch in Bestände an gehaltenen Vögeln bestmöglich zu minimieren.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift beim Bezirksamt Neukölln von Berlin –Ordnungsamt-, Karl-Marx-Straße 83, 12040 Berlin oder in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes versehen an die Email-Adresse zu erheben. Es wird darauf hingewiesen, dass bei schriftlicher Einlegung des Widerspruchs die Widerspruchsfrist nur dann gewahrt ist, wenn der Widerspruch innerhalb dieser Frist eingegangen ist.

Der Widerspruch hat gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 3 bzw. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung. Daher sind die angeordneten Maßnahmen auch dann zu beachten, wenn gegen diese Verfügung Widerspruch erhoben wird.

Auf Antrag kann Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstr. 7, 10557 Berlin, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Der Antrag wäre schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift der/des Urkundsbeamtin/-en der Geschäftsstelle beim Verwaltungsgericht Berlin zu stellen. Der Antrag wäre schon vor Erhebung einer Anfechtungsklage zulässig. Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten und Staatsanwaltschaften vom 12.12.2006 (GVBl. SH 2006, 361) in der jeweils geltenden Fassung zu übermitteln ist.

Für weitere Auskünfte steht zur Verfügung
Dr. Bornemann (Amtstierarzt),, Tel. 030-90239 3443, e-Mail:

BA Neukölln, 8.12.2016