Schutz gegen die Geflügelpest
Tierseuchenrechtliche Allgemeinverfügung des Bezirksamtes Neukölln von Berlin zum Schutz gegen die Geflügelpest
Aufgrund
- des § 37 Satz 1 Nr. 1 bis 3 sowie 6 und 7 des Tiergesundheitsgesetzes vom 22. Mai 2013 (BGBl. I S. 1324), zuletzt geändert durch Artikel 4 Abs. 85 des Gesetzes vom 18. Juli 2016 (BGBl. I S. 1666), (TierGesG),
- des §18, 21 Abs. 2 und § 55 bis 56 der Geflügelpest-Verordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Mai 2013 (BGBl. I S. 1212), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom. 29. Juni 2016 (BGBl. I S. 1564), (GeflPestSchV),
- des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 der Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686) in der jeweils geltenden Fassung
wird bekannt gemacht, dass der Ausbruch der Geflügelpest im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, am 18.11.2016 bei einem wildlebenden Vogel (Schwan) – Fundort: Wasserstraße des Landwehrkanals in Höhe von Kilometer 7 unter der Baerwaldbrücke – amtlich festgestellt wurde.
Bis zum 28.2.2017 wurde bei weiteren 19 wildlebenden, aus dem Landwehrkanal in Kreuzberg tot geborgenen Schwänen hochpathogenes aviäres Influenzavirus vom Subtyp H5N8 amtlich festgestellt. Der letzte amtlich festgestellte Fall von hochpathogener, aviärer Influenza vom Subtyp H5N8 erfolgte am 01.03.2017 bei einer wildlebenden, am 20.02.2017 in der Stralauer Allee 8a in 10245 Berlin tot aufgefundenen Möwe.
Das Seuchengeschehen hat sich daher fortgesetzt.
I. Restriktionsgebiete
Es wird angeordnet:
1. Es werden ein Sperrbezirk und ein Beobachtungsgebiet gebildet.
1.1 Zum Sperrbezirk wird hiermit das Gebiet des Stadtbezirkes Neukölln nördlich des S-Bahnringes; zusätzlich vom S-Bahnring weiter südlich entlang der Sonnenallee bis zur Ecke Grenzallee / Dammweg, und in östlicher Richtung bis zu der Bezirksgrenze Treptow-Köpenick erklärt:
1.2 Darüber hinaus wird um den Sperrbezirk ein Beobachtungsgebiet mit einem Radius von jeweils mindestens zehn Kilometern um den Fundort festgelegt, dieses umfasst im Bezirk Neukölln die gesamte übrige Bezirksfläche.
II. Hinweise
Für den Sperrbezirk nach Ziffer I.1.1:
1. Wer im Sperrbezirk Geflügel hält, hat das Geflügel in geschlossenen Ställen oder unter einer Schutzvorrichtung zu halten. Es wird hierzu auch auf die Allgemeinverfügung des Bezirksamtes Neukölln vom 15.11.2016, Änderung vom 18.11.2016, vom 17.01.2017 und vom 03.02.2017 zur Aufstallungspflicht verwiesen.
2. Für die Dauer von 21 Tagen nach Festlegung des Sperrbezirks
a. ist das im Sperrbezirk zu Erwerbszwecken gehaltene Geflügel durch die Veterinär- und Lebensmittelaufsicht Neukölln
aa) regelmäßig klinisch und,
bb) soweit Belange der Tierseuchenbekämpfung dies erfordern, virologisch
zu untersuchen, was vom Tierhalter zu dulden ist,
b. dürfen gehaltene Vögel und Bruteier aus einem Bestand nicht verbracht werden,
c. dürfen
aa) frisches Fleisch,
bb) Hackfleisch oder Separatorenfleisch,
cc) Fleischerzeugnisse,
dd) Fleischzubereitungen,
das oder die von gehaltenen Vögeln oder von Federwild aus dem Sperrbezirk gewonnen worden ist oder sind, nicht verbracht werden,
d. dürfen tierische Nebenprodukte von gehaltenen Vögeln aus einem Bestand nicht verbracht werden,
e. hat der Tierhalter sicherzustellen, dass an den Ein- und Ausgängen der Ställe oder sonstigen Standorte, in denen Geflügel gehalten wird, Matten oder sonstige saugfähige Bodenauflagen ausgelegt werden und diese mit einem wirksamen Desinfektionsmittel getränkt und stets damit feucht gehalten werden,
f. dürfen gehaltene Vögel nicht zur Aufstockung des Wildvogelbestands freigelassen werden,
g. darf Federwild nur mit Genehmigung oder auf Anordnung der zuständigen Behörde gejagt werden,
h. darf Geflügel nur im Durchgangsverkehr auf Autobahnen, anderen Straßen des Fernverkehrs oder Schienenverbindungen befördert werden und nur, soweit das Fahrzeug nicht anhält und Geflügel nicht entladen wird.
3. Es ist sicherzustellen, dass im Sperrbezirk gehaltene Hunde und Katzen dort nicht frei umherlaufen.
4. Ein innerhalb eines Sperrbezirks gelegener Stall oder sonstiger Standort, in dem Vögel gehalten werden, darf von betriebsfremden Personen nicht betreten werden. Satz 1 gilt nicht für den Stall oder sonstigen Standort betreuenden Tierarzt, dessen jeweilige Hilfspersonen sowie die mit der Tierseuchenbekämpfung beauftragten Personen der Veterinärverwaltung. Die Veterinärverwaltung kann Ausnahmen genehmigen, soweit Belange der Tierseuchenbekämpfung nicht entgegenstehen.
5. Die Veterinär- und Lebensmittelaufsicht Neukölln bringt an den Hauptzufahrtswegen zu dem Sperrbezirk Schilder mit der deutlichen und haltbaren Aufschrift “Wildvogelgeflügelpest-Sperrbezirk” gut sichtbar an.
Nach Ablauf der 21 Tage gelten für den Sperrbezirk die Anforderungen an ein Beobachtungsgebiet nach Ziffer I.1.2 entsprechend.
Für das Beobachtungsgebiet nach Ziffer I.1.2:
1. Wer im Beobachtungsgebiet Geflügel hält, hat das Geflügel in geschlossenen Ställen oder unter einer Schutzvorrichtung zu halten. Es wird hierzu auch auf die Allgemeinverfügung des Bezirksamtes Neukölln vom 15.11.2016, der Änderung vom 18.11.2016, 17.01.2017 vom 03.02.2017 zur Aufstallungspflicht verwiesen.
2. Für die Dauer von
a. 15 Tagen nach Festlegung des Beobachtungsgebiets dürfen gehaltene Vögel aus dem Beobachtungsgebiet nicht verbracht werden,
b. 30 Tagen nach Festlegung des Beobachtungsgebiets
aa) dürfen gehaltene Vögel nicht zur Aufstockung des Wildvogelbestandes freigelassen werden,
bb) darf Federwild nur mit Genehmigung oder auf Anordnung der zuständigen Behörde gejagt werden.
3. Die Veterinär- und Lebensmittelaufsicht Neukölln bringt an den Hauptzufahrtswegen zu dem Beobachtungsgebiet Schilder mit der deutlichen und haltbaren Aufschrift “Wildvogelgeflügelpest-Beobachtungsgebiet” gut sichtbar an.
III. Diese Anordnung gilt gemäß § 18 der GeflPestSchV i. V. m. § 41 Absatz 4 Satz 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes in der jeweils geltenden Fassung an dem auf die öffentliche Bekanntmachung folgenden Tag als bekannt gegeben.
Gemäß § 41 Abs. 4 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes in Verbindung mit § 1 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes wird hiermit nur der verfügende Teil der Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gemacht.
IV. Die Begründung dieser Allgemeinverfügung kann von jedermann in Berlin, der als Betroffener im Sinne der Nrn. 1, 2 und 3 der Verfügung in Betracht kommt, während der Dienstzeiten in dem Dienstgebäude des Bezirksamtes Neukölln eingesehen werden.
V. Sofortiger Vollzug
Die sofortige Vollziehung der Anordnung wird gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der VwGO angeordnet, soweit die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Anfechtungsklage nicht bereits nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der VwGO in Verbindung mit § 37 Satz 1 Nr. 1 bis 3 sowie 6 und 7 entfällt.
Begründung zu V.
Aus § 37 Satz 1 des TierGesG ergibt sich, dass die Anfechtung einer Anordnung keine aufschiebende Wirkung hat, wenn die Anordnung der dort genannten Maßnahmen auf eine Rechtsverordnung nach § 6 Abs. 1 oder 2 oder § 26 Abs. 1 oder 2 Nr. 1 des TierGesG gestützt ist. Mit dieser Regelung bringt der Gesetzgeber seinen Willen zum Ausdruck, dass die Anfechtung bestimmter Maßnahmen auf dem Gebiet der Tierseuchenbekämpfung zu keiner aufschiebenden Wirkung führen darf. Der Grund liegt in der Eilbedürftigkeit dieser Maßnahmen im Sinne einer effektiven Tierseuchenbekämpfung.
Die Gefahrenlage für die Geflügelbestände durch den möglichen Ausbruch der Geflügelpest ist derzeit nicht abschätzbar, es ist aber von einem hohen Eintragsrisiko durch direkte und indirekte Kontakte zwischen Wildvögeln und Nutzgeflügel auszugehen. Es besteht daher ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Abwehr der mit der Seuche verbundenen Gefahren und der wirksamen Verhinderung der Ausbreitung der Geflügelpest im Gebiet des Bezirkes Friedrichshain-Kreuzberg und der Bundesrepublik Deutschland.
Die Verbreitung der Geflügelpest wäre mit erheblichen Folgen für die Geflügel haltenden Betriebe und die Fleischwirtschaft verbunden. Vor diesem Hintergrund müssen private sowie wirtschaftliche Interessen der einzelnen Geflügelhalter und somit auch das Interesse an der aufschiebenden Wirkung eines erhobenen Widerspruchs vor dem öffentlichen Interesse an einer wirksamen und unmittelbar greifenden Seuchenbekämpfung zurückstehen. Die gesunde Geflügelbestände sichernde Anordnung der sofortigen Vollziehung der Maßnahmen ist gerechtfertigt und zwingend notwendig, da ein mögliches Rechtsmittelverfahren einen zu langen Zeitrahmen in Anspruch nimmt. Die angeordneten Maßnahmen dienen dazu und sind geeignet, eine weitere Verbreitung der Geflügelpest zu verhindern. Nur durch eine sofortige Vollziehung der vorstehend verfügten Anordnungen kann erreicht werden, dass Infektionsketten unterbrochen werden und die Seuchenbekämpfung schnellstmöglich in die Wege geleitet wird. Ein milderes, aber gleich geeignetes Mittel, dieses Ziel zu erreichen, ist nicht ersichtlich.
Der durch die Vorschrift des § 80 Absatz 1 der VwGO gewährte Schutz vor Rechtsbeeinträchtigungen, die sich später als rechtswidrig herausstellen und dann überhaupt nicht mehr oder nur schwer rückgängig gemacht werden können, kann im vorliegenden Fall nicht zuerkannt werden.
Hinweise
Gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 4 TierGesG handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig den Vorschriften der Geflügelpest-Verordnung zuwiderhandelt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 30.000 Euro geahndet werden.
Die vorliegende tierseuchenrechtliche Anordnung bleibt so lange wirksam, bis sie gemäß § 44 der GeflPestSchV aufgehoben oder durch eine noch zu erlassende tierseuchenrechtliche Anordnung ersetzt wird.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift beim Bezirksamt Neukölln von Berlin –Ordnungsamt-, Karl-Marx-Straße 83, 12040 Berlin oder in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes versehen an die Email-Adresse zu erheben. Es wird darauf hingewiesen, dass bei schriftlicher Einlegung des Widerspruchs die Widerspruchsfrist nur dann gewahrt ist, wenn der Widerspruch innerhalb dieser Frist eingegangen ist.
Der Widerspruch hat gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 3 bzw. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung. Daher sind die angeordneten Maßnahmen auch dann zu beachten, wenn gegen diese Verfügung Widerspruch erhoben wird.
Auf Antrag kann Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstr. 7, 10557 Berlin, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Der Antrag wäre schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift der/des Urkundsbeamtin/-en der Geschäftsstelle beim Verwaltungsgericht Berlin zu stellen. Der Antrag wäre schon vor Erhebung einer Anfechtungsklage zulässig.
Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten und Staatsanwaltschaften vom 12.12.2006 (GVBl. SH 2006, 361) in der jeweils geltenden Fassung zu übermitteln ist.
Für weitere Auskünfte steht zur Verfügung:Dr. Bornemann (Amtstierarzt), Tel. 030-902393443, e-Mail:
BA Neukölln, 3.3.2017