Endlich vernünftige Zuständigkeitsregelung bei der Anfechtung von Scheinvaterschaften?
Kammergericht empfiehlt Behörde mit besonderer Eignung.
Neuköllns Bezirksstadtrat für Bürgerdienste Falko Liecke: Mit seinem Urteil, wonach die Bezirksämter nicht zur Anfechtung von Scheinvaterschaften berechtigt sind, hat das Kammergericht Berlin-Schöneberg den Senat in Zugzwang gebracht. Es wird jetzt wirklich Zeit, dass eine ordentliche Regelung gefunden wird. Immerhin könnte nach sehr vorsichtigen Schätzungen durch die Erschleichung von Aufenthaltsstatus und Sozialleistungen mittlerweile ein Schaden von fast 7 Millionen Euro seit Juni 2008 entstanden sein, als das Gesetz zur Anfechtung in Kraft ist. Nach meinen Berechnungen dürfte sich der Schaden bis Ende des Jahres auf rund 10 Millionen Euro kumulieren und stetig weiter wachsen.
Der Senat könnte es sich wahrscheinlich einfach machen und einfach per Rechtsverordnung den Bezirken die Zuständigkeit aufdrücken. Es wäre aber besser, man würde das Kammergerichtsurteil genau lesen und beherzigen. Darin steht: „Sie (die Landesregierungen; Anm. Liecke) haben dabei abzuwägen, welche Behörde für die Anfechtung besonders geeignet ist. Die Verordnungsermächtigung soll den Ländern ermöglichen, flexibel auf die besonderen Verhältnisse zu reagieren. Dass der Rechtsträger selbst (Land, in Berlin inkl. Bezirke; Anm. Liecke) selbst das Anfechtungsrecht wahrnehmen können soll, wird in der Gesetzesbegründung (Gesetz zur Anfechtung von Scheinvaterschaften vom 1.6.2008; Anm. Liecke) nicht in Erwägung gezogen.“
Im Moment ist es jedenfalls so, dass die Standesämter in den Bezirken den jeweiligen Rechtsämtern zwar die Verdachtsfälle melden können, die können sich wegen vielfältiger anderer Aufgaben natürlich nicht so sehr in dieses Spezialthema vertiefen und nehmen von einer Anfechtungsklage lieber Abstand, um unnötige Kosten für den Bezirk zu vermeiden, weil – abgesehen von der z.Z. nicht gegebenen Anfechtungsberechtigung der Bezirke – wegen nicht ausreichender Ermittlung eine Abweisung der Klage zu erwarten ist. Und mit der Flexibilität ist es auch nicht weit her, wenn z.B. Mutter und Kind bzw. der Scheinvater häufiger umziehen. Ich hoffe der Senat nimmt dieses Urteil jetzt endlich zum Anlass, eine zentral zuständige Behörde zu benennen, wie es in anderen Bundesländern der Fall ist.
BA Neukölln, 11.6.2010