Scheinvaterschaften: Senat argumentiert mit falschen Zahlen – steigende Tendenz in Neukölln
Innensenator Körting lehnt weiterhin eine zentrale Zuständigkeit für die Anfechtung sog. Scheinvaterschaften ab. Neuköllns Bezirksstadtrat für Bürgerdienste und Gesundheit Falko Liecke wirft ihm unsaubere Argumentation vor: “Wie der Innensenator mit dem Thema “Scheinvaterschaften” umgeht, ärgert mich immer mehr. Nicht nur dass er auf die Argumente der Praktiker aus den Bezirken überhaupt nicht eingeht, er hantiert auch mit Zahlen, die die realen Verhältnisse nicht wirklich widerspiegelt. So spricht er von 98 Vaterschaftsanfechtungen in Berlin, davon 27 in Neukölln seit 2008. Man muss aber sehen, dass das Gesetz, das die Anfechtung von Vaterschaften, die wahrscheinlich nur zur Erlangung eines Aufenthaltstatus anerkannt werden, realiter jedoch gar nicht bestehen, erst 2008 in Kraft trat. Richtig los ging es also erst 2009. Außerdem wird mit den Zahlen suggeriert, dass es doch gar nicht so viele Fälle seien. In Neukölln gab es aber bislang 50 Verdachtsfälle, die jeder einzeln aufwändig geprüft werden mussten, auch wenn es letztendlich “nur” zu 28 Anfechtungen kam. Und die Praxis im Standesamt Neukölln deutet auf eine steigende Tendenz hin; das dürfte in anderen Bezirken nicht anders sein. Die Standesämter sind keine Ermittlungsbehörden, es ist einfach angesichts der Menge und der Komplexität des Themas von meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht zu schaffen, alle Verdachtsfälle richtig zu verfolgen. Neben diesen Zahlen muss ich auch immer wieder auf die anderen Zusammenhänge hinweisen. Dezentrale Zuständigkeiten für die Anfechtung von Scheinvaterschaften in den Bezirken erschweren die Prüfung zusätzlich, zum einen bzgl. des Datenzugriffs, zum anderen bei Wohnortwechseln. Ich hoffe wirklich sehr, dass sich der Innensenator noch überzeugen lässt, und sichere im schon jetzt enge Kooperation des Neuköllner Standesamtes mit der hoffentlich bald geschaffenen zentral zuständigen Stelle für die Anfechtung von Scheinvaterschaften zu.”
BA Neukölln, 16.3.2010