Neuköllns Gesundheitsstadtrat fordert Systemwechsel bei Kinderschutz und Jugendhilfe: "Je weniger Geld wir haben, umso effizienter müssen wir arbeiten!"
Falko Liecke, Bezirksstadtrat für Bürgerdienste und Gesundheit in Neukölln, begrüßt den Entwurf eines Bundeskinderschutzgesetzes und fordert einen Systemwechsel in der Versorgung:
„Der Gesetzentwurf der Bundesregierung, der u. a. die Etablierung verbindlicher Strukturen der Zusammenarbeit im Kinderschutz wie z.B. den Ausbau des Familienhebammensystems vorsieht, ist richtig und wichtig, gerade auch für uns in den Bezirken. Aber ist es notwendig, jetzt auch einen Systemwechsel in der Familienhilfe anzustoßen.
In diesem Jahr wird das Jugendamt Neukölln rund 48 Millionen Euro für die so ge-nannte Hilfe zur Erziehung (HzE) ausgeben – übrigens mehr als wir eigentlich dafür haben, d.h.: Einsparungen an anderen Stellen im ohnehin sehr engen Bezirkshaushalt. Damit werden Träger bezahlt, die Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche mit Problemen anbieten. Seit Jahren steigt der Aufwand, aber die Situation wird nicht besser – ein „Fass ohne Boden“.
Ich möchte in Neukölln, beispielsweise in einem Bereich mit hohem Roma-Aufkommen und besonders schwierigen Familien, eine Modellregion einrichten, in der die Familien – bereits ab Schwangerschaft – begleitet und betreut werden. Als Orientierungshilfe soll das Dormagener Modell dienen. Dieses Präventionsprojekt baut auf den frühzeitigen, persönlichen Kontakt zu den Eltern. Es sieht neben Erstbesuch und Babybegrüßungspaket Maßnahmen wie persönliche Beratungen vor und nach der Geburt, regelmäßige Hausbesuche, eine Betreuungsplatzgarantie und später ggf. die Übernahme von Kosten z.B. für Nachhilfe, Lernmittel und Mittagessen vor. Nach Bedarf werden das Jugendamt oder soziale Einrichtungen in die Betreuung einbezogen. Wichtig und großer Unterschied zu dem kaum überschaubaren derzeitigen Hilfsangebot: Persönlicher Kontakt von Anfang an, und alles ist in einer, koordinierenden Hand.
Nach meiner Schätzung kämen wir für die Modellregion mit nur einem Prozent der derzeitigen HzE-Ausgaben in Neukölln aus, und das bei – wie in Dormagen nach-gewiesen – hoher Effizienz. Aber das sind immer noch 480.000 Euro. Das kann der Bezirk nicht allein stemmen. Daher werde ich die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie die Bundesfamilienministerin um direkte Unterstützung bitten. An der Konzeption des „Neuköllner Modells“ wird in meiner Abteilung bereits kräftig gearbeitet.“
BA Neukölln, 7.7.2011